Das Bernard-Soulier-Syndrom (BSS) ist eine seltene erbliche Blutgerinnungsstörung, die durch eine Thrombozytenfunktionsstörung charakterisiert ist. Klinisch manifestiert sich BSS durch eine erhöhte Blutungsneigung, die sich in Symptomen wie Nasenbluten, verlängerten Blutungen nach Verletzungen, schweren Menstruationsblutungen und gelegentlich Zahnfleischbluten äußert. Die Prävalenz von BSS ist sehr gering, wobei genaue Zahlen aufgrund der Seltenheit der Erkrankung schwer zu bestimmen sind. Die Vererbung des Syndroms erfolgt autosomal-rezessiv, was bedeutet, dass beide Kopien des betroffenen Gens in jedem Zelltyp mutiert sein müssen, um die Krankheit zu manifestieren.
Genetisch ist BSS durch Mutationen in den Genen GP1BA, GP1BB oder GP9 gekennzeichnet, die für die Glykoproteine Ibα, Ibβ und IX kodieren. Diese Glykoproteine bilden den Glykoprotein-Ib-IX-V-Komplex, der eine entscheidende Rolle bei der Thrombozytenadhäsion spielt. Mutationen in diesen Genen führen zu einer verminderten Expression oder Funktion des Komplexes, was die Thrombozytenaggregation beeinträchtigt und zu den charakteristischen Blutungssymptomen führt.
Das Management von BSS erfordert eine sorgfältige Überwachung und Behandlung von Blutungsereignissen sowie präventive Maßnahmen zur Minimierung von Blutungsrisiken. Therapeutische Ansätze können die Gabe von Thrombozytenkonzentraten bei schweren Blutungen, die Verwendung von Antifibrinolytika zur Reduzierung von Blutungsneigung und in einigen Fällen die Anwendung von rekombinantem aktiviertem Faktor VII umfassen. Langfristig kann auch eine hämatopoetische Stammzelltransplantation in Betracht gezogen werden, insbesondere bei Patienten mit schweren Verlaufsformen des Syndroms.